Allgemeines
Die 15 Rennmausgattungen (Gerbillinae) bilden die grösste
Nagetiergruppe. Sie haben sich, was den eigenen Wasserhaushalt
anbetrifft, ihrem Lebensraum in den Trockensteppen Asiens und
Afrikas hervorragend angepasst. Sie leben in grossen Gruppen
und bewohnen Höhlensysteme. Mit ihren grossen dunklen Augen
und ihrem aktiven Verhalten haben Rennmäuse schnell
begeisterte Liebhaber und Freunde gefunden. Wenn Mongolische
Rennmäuse in Gehegen oder Grosskäfigen gehalten werden, in
denen sie ihre natürlichen Bedürfnisse wie Bewegung, Graben
und Wohnen in unterirdischen Gängen ausleben können, sind sie
als interessante Heimtiere etwa den nahe verwandten
Goldhamstern vorzuziehen.
Sozialverhalten
Bei den wildlebenden Rennmäusen leben in der Regel in einer
Höhle Eltern und zwei Nachkommenschaften friedlich zusammen.
Ältere Jungtiere gründen später eigene Familien. Auch im Käfig
kann ein geselliges Sozialverhalten der quicklebendigen Tiere
beobachtet werden. Gelegentlich kommt es zu Raufereien, z.B.
am Trinkautomaten. Unter erwachsenen Männchen gibt es nach
Beschnupperung Rangordnungskämpfe. Rennmäuse suchen den
Kontakt zum Artgenossen. Sie benötigen sich gegenseitig, um
sich wohl zu fühlen. Beim Nestbau entstehen sinnvolle
Arbeitsteilungen. Im Nest wird gemeinsam geschlafen, eng
aneinandergekuschelt. Begegnungen erfolgen mit Beschnupperung
von Nase, Fell und Afterregion, um zu erkennen, ob jemand der
Sippe angehört. Mit der Aufforderung zur Fellpflege beginnt
der Sozialkontakt vielmals. Verletzte Tiere werden
"getröstet". Gegenseitiges Warnen vor Gefahr erfolgt mit
Hinterbein-Trommeln.
Verhaltensstörungen
Die robusten und geselligen Rennmäuse sind geradezu ideale
Heimtiere, wenn man ihnen ihre Bedürfnisse nach
abwechslungsreicher Bewegung, nach Grabmöglichkeiten und nach
dem Baden im Sand erfüllt. Verhaltensstörungen sind demnach
fast ausschliesslich auf ein Fehlverhalten der Menschen
zurückzuführen. Beispielsweise entsteht das Gitternagen
meistens als Folge mangelnder Beschäftigungsmöglichkeiten oder
des Fehlens von Sippen-mitgliedern (eine Kapitalsünde!). Auch
Trägheit und Unlust gehen ins gleiche Kapitel. Vergeudetes
Futter hat seinen Ursprung oft in zu leichten oder
ungeeigneten Fressnäpfen. Sehr viel Schmutz ausserhalb des
Käfigs bedeutet, dass die Gehegewand zu niedrig ist.
Mensch-Tier-Verständigung
Je besser man seine Rennmäuse verstehst, desto mehr Freude
wird man an ihnen haben. Das Kennen- und Verstehenlernen
beginnt mit dem Wissen über ihr natürliches Verhalten in
freier Natur, also in ihrer asiatischen Steppenheimat. Man
wird so lernen, welche Körperhaltung, welche Lautäusserung,
welches Verhalten was bedeutet. Man wird auch spüren, wann die
Rennmäuse ihre Ruhe haben möchten, wann sie zum Spielen
aufgelegt sind, wann ihnen etwas fehlt. Die Gruppe wird sich
rasch an denGeruch, das Erscheinen, die Fütterungsmethoden und
die Stimme eines Menschen gewöhnen. Zusätzlich sollte man mit
seinen Tieren reden! Man kann sie auch an einen bestimmten
Pfiff oder dergleichen gewöhnen, worauf sie dann wissen, dass
zum Beispiel Futterzeit ist. Die Tiere sollten auch die
Möglichkeit haben, auf einem herumzukrabbeln!
Unerwünschtes Verhalten
Rennmäuse nehmen jede zusätzliche Bewegungsmöglichkeit
ausserhalb des Käfigs gerne an. Deshalb ist Auslauf in einem
geschlossenen Zimmer wichtig. Als Nager werden sie dabei
natürlich überall nagen und dabei Möbel, Tapeten, Holzleisten,
Teppiche beschädigen. Gefährlich wird es, wenn sie an
Elektrokabeln nagen und dabei verunfallen. Unerwünscht dürfte
auch der Umstand sein, dass sie überall ihren Mäusekot ablegen
und das erweiterte Revier mit Urin markieren. Gute Aufsicht
kann vieles verhindern. Im Käfig bedeutet das Gitternagen
meist fehlende Beschäftigung.
Launenbarometer
Da der Mensch weder die Duft- noch die Lautsprache der
Rennmäuse wahrnimmt, ist er weitgehend auf die Deutung der
Körpersprache angewiesen, um einen Stimmungszustand zu
erkennen. Ständiges Gitternagen deutet auf fehlende
Beschäftigungsmöglichkeiten und Langeweile hin. Im Verhalten
untereinander erkennt man Meiden, Angriffsbereitschaft oder
den Umstand, ob die Tiere in Fortpflanzungsstimmung sind.
Tierpsychologie
Die kleine anpassungsfähige Rennmaus wird von vielen als
fast ideales Heimtier gewertet. Obwohl die im Haus gehaltenen
Rennmäuse im Wesen sanfter und weniger scheu sind, haben sie
doch die Verhaltensweisen der Mongolischen Rennmaus
beibehalten. Wer also das Rudel- und Sippenverhalten der
Rennmaus versteht, also gleichsam einen Einblick in die Psyche
dieser interessanten Tiere hinter sich hat, wird bei der
Haltung und Betreuung auf seine Rechnung kommen und
staunen.